"New York hat mich angesprochen" – Alumni Story with Jakob Heinen

UN-Mitarbeiter und KLU-PhD-Absolvent Jakob Heinen spricht über die wichtige Rolle der Logistik bei UN-Friedensmissionen und darüber, wie man mit den richtigen Tools, aber auch dem richtigen Mindset an Traumjobs kommen kann. Sogar in der Stadt, die niemals schläft.

Jakob, bei Dir in New York ist es jetzt 7 Uhr morgens. Weißt Du schon, was der Tag für Dich bereithält?

Für uns bei der UN ist heute ein außergewöhnlicher Tag. Im Niger hat das Militär geputscht. Wenn die Lage irgendwo auf der Welt so instabil wird, müssen wir hier in der Zentrale in New York logistische Lösungen finden. Aktuell versuchen wir, unsere Station im Nachbarland Mali abzuziehen. Hier befindet sich mit MINUSMA eine unserer größten Friedensmissionen. Deren Versorgungskorridor geht auch durch den Niger, um Personal und Güter zu transportieren.

Das klingt faszinierend, wenn globale Ereignisse und die eigene Planung so große Auswirkungen aufeinander haben. Was genau ist Dein Job dabei?

Ich bin im Büro für Supply-Chain-Management des United Nations Departments für operativen Support tätig. Ehrlich gesagt wusste ich zuvor auch nicht, was man in diesem Sekretariat genau macht. Eine gewisse Vorstellung von den Tätigkeiten der UN hatte ich durch ein Praktikum vor zehn Jahren bei UNOPS, dem Büro Projektdienste der Vereinten Nationen, in Kopenhagen. Hinter den großen Zielen und namhaften Missionen der UN steckt eben immer eine gewisse Logistik und somit Menschen, die mit Zahlen arbeiten. Das wird häufig unterschätzt. Das ist, was meine Arbeit im Sekretariat mit den UN-Friedensmissionen verbindet, die unsere Hauptklienten sind. Unsere Abteilung besteht aus Fachexpert*innen, die schnell einsetzbare Beschaffungslösungen in Bereichen wie Wasserversorgung, Lagerinfrastruktur, medizinischer Ausstattung oder Transport entwickeln. Ich bin die Schnittstelle zwischen allen, sammle Daten und integriere sie in operative und strategische Berichtslösungen. Aber vor allem werte ich sie aus. Das ist für mich das Wesentliche an meiner Arbeit und das, was mir Spaß macht: Was passiert mit den Informationen und was wollen wir eigentlich damit erreichen? Das sehe ich als die größte Herausforderung, die häufig vergessen wird.

Eben noch als gebürtiger Rheinländer in Hamburg. Nächster Halt: als „Legal Alien“ in New York. Wie war das für Dich?

Tatsächlich habe ich die Stellenausschreibung gesehen und mir gedacht: „probier‘ das einfach mal.“ Ich bin mit dem Mindset hergekommen, dass ich ja jederzeit wieder zurückfliegen kann. Jetzt bin ich zweieinhalb Jahre hier. Aber ich hatte auch ganz gute Startbedingungen, da New York zu Coronazeiten viel langsamer war. Selbst im Flieger war damals kaum jemand. Dazu kommt, dass ich über meine Kolleg*innen und andere Expats schnell Anschluss gefunden habe. Generell mag ich an Amerika die Offenheit, dass erstmal an die Möglichkeiten gedacht wird und weniger an die ganzen Hürden auf dem Weg. Man kann immer voneinander lernen. Ich vermisse dafür auch manches.

Das deutsche Brot?

Haha, der Klassiker. Aber nein. Ich habe hier auch einen deutschen Bäcker, also letztendlich kann man alles kaufen. Aber so einen langen Hamburger Sommerabend, den hätte ich schon ganz gerne wieder.

An der KLU hast Du Dich offensichtlich auch schnell sehr gut zurechtgefunden und neben Deinem PhD-Abschluss auch den „best teacher“-Award gewonnen. Helfen Dir Deine KLU-Erfahrungen in Deiner jetzigen Position?

Also, der Fokus auf Logistik und Management liegt natürlich an der KLU, diese Richtung habe ich mit meinem Studium eingeschlagen. Zusätzlich arbeitet man an der KLU sehr anwendungsorientiert und international. Fast jede Nationalität ist hier bei der UN im Sekretariat vertreten, das ist also sehr ähnlich wie an der KLU. Und was meine Erfahrungen im Unterrichten angeht: Sachverhalte genau zu vermitteln ist auch hier mein Bestreben. Und damals an der KLU war mein Lehransatz eigentlich immer, dass sich die Studierenden selbst befähigen. Hier sehe ich das mit meinen Kollegen ähnlich. Im Endeffekt möchte ich meine Arbeit hoffentlich sogar überflüssig machen.

Was würdest du Erstsemestern raten, die dir nach New York folgen möchten?

Wenn das Interesse an Logistik und Management klar ist und man nun diesen Weg eingeschlagen hat, sollte man einfach weiter die Augen offenhalten, was einem gefällt beziehungsweise was einem liegt. Zum Beispiel habe ich super gerne unterrichtet und an sich würde man annehmen, meine Aufgabe hat damit gar nichts damit zu tun. Aber womöglich findet man in der Aufgabe dann doch irgendwo die Bestimmung für sich oder etwas, wonach man sich weiter ausrichten kann. Man sollte sich auf jeden Fall nicht abschrecken lassen. Klar, die Konkurrenz weltweit ist groß und auf eine Stelle wie diese kann sich theoretisch jeder bewerben, global. Gleichzeitig bringt man vielleicht auch eine spezielle Erfahrung mit oder einen Bereich, den andere nicht abdecken. Statt zu versuchen, alles nur ein bisschen zu können, sollte man sich eher auf den eigenen Weg konzentrieren, und wer weiß, wo der einen hinführt.

Und wohin geht es für Dich als nächstes?

Geplant ist erstmal nichts Konkretes und vielleicht ist das auch ganz gut so. Ich habe früher immer gesagt, ich würde nie nach Amerika ziehen und jetzt gefällt es mir ganz gut. Aber dass New York die Endstation wird, ist sehr, sehr unwahrscheinlich. Wenn man im UN-System bleibt, folgen automatisch noch weitere Stationen, auch in Einsatzgebieten. Das wäre auch kein großes Hindernis, ich habe bereits in Ländern wie Namibia und Südafrika gelebt. Aber noch ist alles offen.